Bulbophyllum, Section Macrobulbon

Bulbophyllum,

Section Macrobulbon

Anton Sieder, Bulbophyllum von A bis Z

Die Gattung Bulbophyllum ist eine der wenigen Orchideengattungen, die in allen tropischen Bereichen der alten und neuen Welt vorkommt. Die hier besprochenen Arten der Section Macrobulbon sind nur von der Insel Neu Guinea bekannt. Sie sind - was die Blätter und Bulben betrifft - die größten der Gattung. Auch von der Blütengröße her sind sie nicht gerade zu den kleinblütigen zu zählen.

Die erste Art dieser Sektion, Bulbophyllum macrobulbum, wurde 1910 im Verlauf der ersten Lorenz-Expedition gesammelt und von J.J.Smith, in Bull. Dep. Agric. Indes. Nederl. XXXIX, (1910), 4, anhand einer Pflanze, die im Botanischen Garten Buitenzorg kultiviert wurde, beschrieben. Rudolf Schlechter begründete im Verlauf seiner Bearbeitung der Orchideen von Deutsch Neu Guinea im Jahre 1913 mit dieser einen Art die Sektion Macrobulbon.

Danach folgte 1914 Bulbophyllum fletcherianum, beschrieben durch Pearson in Gardeners Chronicle, Serie III. LV, 320 (1914), aus Hollandia, der damaligen Hauptstadt von Holländisch Neu Guinea stammend, aber ohne genaue Angaben zur Herkunft.

1937 beschrieb wieder J.J. Smith Bulbophyllum phalaenopsis, welche vom Siriwo River in Neu Guinea stammte, im Bulletin du Jardin Botanique de Buitenzorg, Serie III, vol. XIV 1937, 165.

Im American Orchid Society Bulletin, 59: 812 beschrieben L. A. Garay, F. Hamer und E. S. Siegerist 1990 Bulbophyllum spiesii aus der Nähe von Bololo, in Neu Guinea, anhand von Pflanzen, die fälschlicherweise als B. fletcherianum angesehen wurden.

Die drei selben Autoren veröffentlichten 1992 in der Zeitschrift "Die Orchidee", Heft 3, 139, die Beschreibungen von Bulbophyllum cruentum aus Neu Guinea vom Balim River.

Es folgte Bulbophyllum orthosepalum , veröffentlicht in Blumea, Vol.38, No.1, 1993, 146; die Pflanze stammt aus Papua Neu Guinea, Central 1993 Province, Efogi.

Danach wurde die Beschreibung von Bulbophyllum agastor, 1996 in der Lindleyana, 11 (4), 224, veröffentlicht, aus Papua Neu Guinea: Southern Highland Province, Mendi, 5200 ft.

Als letzte Art wurde Bulbophyllum hashimotoi von Yukawa & Karasawa in Ann.Tsukuba Botanical Garden 16:17-24,1997 beschrieben. Diese Art ist nach Leslie A. Garay als Synonym von Bulbophyllum orthosepalum anzusehen.

Merkmale der Sektion:

Zum Teil große, meist runzelige, bräunlich bis rötliche Bulben, rötliche, zum Teil große bis 120 cm lange Blätter, diese meist überhängend. Die Angaben zur Länge der Blätter sind in der Literatur sehr unterschiedlich. In der Sammlung des Botanischen Gartens in Wien wurden Blattlängen bis zu 75 cm erreicht. Blütenstände gestaucht, 2-20 Blüten, die seitlichen Sepalen sind meist verklebt (verwachsen) an ihrer einander zugewandten Seite, und zum Teil stark verlängert. Die Blüten duften meist nach Aas

Merkmale der Arten:

B. phalaenopsis: Petalen nicht gewellt, ca. 11 Blüten, laterale Sepalen nicht so lang ausgezogen als bei B. fletcherianum, Sepalen an der Außenseite behaart.

B. fletcherianum: Petalen nicht gewellt, 5-7 rote bis dunkelrote Blüten mit weißer Zeichnung, lateral Sepalen viel länger als das dorsale Sepalum.

B. spiesii: Petalen nicht gewellt, bis 20 Blüten, aber kleiner und teilweise anders geformt als B. fletcherianum.

B. cruentum: Petalen am Rand gewellt, Blüten wie B. macrobulbum, aber viel kleiner, anders gefärbt und weniger Blüten, Lippe mit kurzen Haaren,. Petalen nicht miteinander verbunden.

B. orthosepalum: Petalen am Rand gewellt, Blüten wie B. cruentum, Blüten mehr rund und geschlossen, laterale Sepalen an der inneren, unteren, als auch bis zum ersten Drittel der oberen, äußeren Außenkante verklebt.

B. macrobulbum : Petalen am Rand gewellt, Blüten weiß- gelblich mit roter Zeichnung, laterale Sepalen nicht viel länger als das dorsale, lateralen Sepalen bis fast zur Spitze miteinander verklebt.

B. agastor: Petalen am Rand gewellt, Blüten wie B. cruentum, anders gefärbt, Lippenkallus nicht behaart, Blüte anders proportioniert, laterale Sepalen verbunden, nur an der Basis frei.

Wuchs: B. cruentum wächst terrestrisch. Die anderen Arten auf Bäumen direkt an den Stamm herunterhängend, oder wie B. macrobulbum in steilen Felswänden, fast nicht erreichbar. Die rötliche Farbe der Bulben und Blätter und ihr Vorkommen in Felswänden läßt auf eine hohe Sonnenverträglichkeit schließen.

Kulturansprüche:

Im Botanischen Garten der Universität Wien werden folgende Arten kultiviert: B. cruentum, B. macrobulbum, B. spiesii, B. phalaenopsis und einige Pflanzen, die noch nicht geblüht haben. Sie wachsen unter Warmhausbedingungen, bei mindestens 22°C im Winter sehr gut, wenn sie an einer hellen Stelle hängen. Im Sommer ist es durch die Sonneneinstrahlung natürlich viel wärmer. Die Pflanzen werden auf Kieferrindenstücken senkrecht oder waagerecht oder auf den so genannten Sandwichs aufgebunden. Dazu siehe den Beitrag im "Orchideenkurier" Nummer 6/1996, Seite 5, von Dr. Karlheinz Senghas.

Die Pflanzen werden jeden Morgen mittels Wasserschlauch kräftig übergossen (Wiener Hochquellwasser) und sonst über eine Nebelanlage (System Plantfog der Firma Dolejsi) mit der nötigen Luftfeuchtigkeit versorgt. Die Nebelanlage wird über eine Zeitschaltuhr (kürzeste Einschaltzeit ist eine halbe Stunde) in Kombination mit einem Hygrostat auf ca. 90 Prozent Luftfeuchtigkeit eingestellt. Im Sommer, wenn bei hohen Außentemperaturen die Lüftung fast immer offen ist, ist die Luftfeuchtigkeit gering, kann aber auch im Winter, wenn bei tiefen Außentemperaturen die Heizung durchgehend eingeschaltet ist, deutlich absinken. Dann werden die Einschaltzeiten in der Nacht auf 4 - 5 mal im Sommer und 2 – 3 mal im Winter erhöht. In den Übergangszeiten, im Frühjahr und im Herbst, wenn die Außentemperatur zu niedrig zum Lüften, aber zu hoch um zu heizen ist, wird mit Wassergaben gespart, und die Nebelanlage schaltet nur einmal pro Nacht ein. Die hohe Luftfeuchtigkeit ist nur in Kombination mit einer großen Luftumwälzung und möglichst viel Frischluft für das Wachstum der Pflanze von Vorteil. Frischluft ist einer der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Kultur. Dem Frischluftbedürfnis stehen in der Heizperiode allerdings höhere Heizkosten entgegen.

Düngung:

Pflanzen die, in einer Vegetationsperiode so große Bulben und Blätter bilden, brauchen auch dementsprechende viel Nahrung. Dauerdünger

(Osmocote) wird als Grunddüngung zwischen die Wurzeln gestreut. Sonst düngt man die Pflanzen mit den anderen Orchideen ein mal pro Woche mit Blattdünger, mit der Hälfte bis ein viertel der für Zimmerpflanzen angegebenen Konzentrationen. Die Pflanzen sind sehr schnellwüchsig, Sämlinge mit einer Blattlänge von ca. 5 cm, die 1992 von der Firma Glanz erworben wurden, haben heute eine Blattgröße von 60 X 15 cm, Bulbenumfang 15 cm und Durchmesser der Bulbe von 10 cm, haben aber bis jetzt noch nicht geblüht.

Schädlinge: Mit Schädlingen gab es bis jetzt noch keine Probleme.

Vermehrung durch Teilung: Aus Rückbulben werden willig Neutriebe gebildet.

Vermehrung durch Samen: manuelle Bestäubung, nachdem der eigene Pollen auf die Narbe aufgebracht wurde, ist bei B. macrobulbum gelungen. Es entwickelten sich nach ca. 45 Wochen Samen, die gut gekeimt haben. Bei B. phalaenopsis, B. spiesii und B. cruentum wurden nach einer manuellen Bestäubung keine Samen gebildet. Zur Zeit werden im Botanischen Garten Sämlinge in Flaschen von folgenden Arten kultiviert: B. phalaenopsis, B. macrobulbum und B. cruentum, und von einer Hybride, B. lobbii mit den Pollen von B. spiesii. Letztere Kreuzung hat schon Protokorme gebildet.

Diese Kreuzung wurde nur deshalb vorgenommen, um zu sehen, ob sich Vertreter verschiedener Sektionen - in diesem Fall Vertreter der Sektionen Macrobulbon und Sestochilus - miteinander kreuzen lassen.

Vor kurzen erhielt der Garten noch eine weitere Hybride aus diese Gruppe - Cirrhophyllum "Magnifico , Cirrhopetalum-Hybride "Louis Sander" X Bulbophyllum phalaenopsis.

Allgemeine Bemerkungen:

Als die erste Version dieses Artikels (endlich) fertig war (sie sollte im OK 5/98 erscheinen) erhielt der Verfasser dieses Artikels die Veröffentlichung von Yukawa & Karasawa: "Bulbophyllum hashimotoi (Orchidaceae) - A New Species from New Guinea. With a Taxonomic Review on Bulbophyllum section Macrobulbon" veröffentlicht in Ann. Tsukuba Bot. Grd. 16: 17-24, 1997.

Die hier beschriebene Art, B. hashimotoi, die nach den Direktor des Bot. Gard. Tsukuba benannt wurde, ist nach Dr. Leslie A. Garay als Synonym zu B. orthosepalum anzusehen. Dieses B. orthosepalum wurde aber in die Arbeit von Yukawa & Karasawa nicht einbezogen. Offensichtlich wurde von den beiden Autoren übersehen, daß diese Art zur Section Macrobulbon gehört. Auch gab es einige Unterschiede zum eigenen Artikel, die zum Teil auf fehlende Literatur aber auch auf Fehlinterpretation der vorhandenen Literatur von Yukawa & Karasawa hinweist.

Aber auch für diesen Artikel ergaben sich durch die Arbeit von Yukawa & Karasawa neue Gesichtspunkte, die hier in den Schlüssel zu den Arten eingearbeitet wurden.

Bedanken möchte ich mich bei Dr. Leslie A. Garay für die Information, daß B. hashimotoi ein Synonym von B. orthosepalum ist. Während Yukawa und Karasawa B. spiesii als Synonym für B. fletcherianum verwenden, folgte der Autor hier Dr. Leslie A. Garay, der beide als eigenständige Art behandelt.

Die für diesen Artikel verwendete Literatur kann beim Autor erfragt werden.

Wenn es bei der Bestimmung dieser oder anderer Bulbophyllum -Arten Schwierigkeiten gibt, ist der Autor gerne bereit zu helfen. Weitere Berichte werden beizeiten folgen.

Anton Sieder
Botanischer Garten der Universität Wien
Rennweg 14, A-1030 Wien
E-Mail: anton.sieder@bulbophyllum.at

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